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Montags Impuls 25.09.2023

Blumen und Abfall

Befleckt oder makellos? Schmutzig oder rein? Das sind Begriffe, die wir in unserem Denken bilden. Eine schöne Rose, die wir eben geschnitten und in die Vase gestellt haben, ist rein. Sie duftet so gut, so frisch. Ein Abfalleimer ist das Gegenteil. Er riecht unangenehm und ist voller verfaulter Sachen.

Das sieht aber nur beim oberflächlichen Hinschauen so aus. Blicken wir tiefer, erkennen wir, dass die Rose in nur fünf, sechs Tagen Teil des Abfalls sein wird. Wir müssen gar nicht fünf Tage warten, um das zu sehen. Wenn wir nur die Rose betrachten und genau hinschauen, können wir es jetzt schon sehen. Und wenn wir in den Abfalleimer blicken, erkennen wir, dass sein Inhalt in ein paar Monaten in köstliche Gemüse und sogar eine Rose umgewandelt sein kann. Wenn du gut biologisch gärtnerst und die Rose ansiehst, kannst du schon den Abfall erkennen, und beim Blick auf den Abfall wirst du eine Rose sehen. Rosen und Abfall — ein Einssein. Ohne Rose keinen Abfall, und ohne Abfall können wir keine Rose haben. Wie sie einander brauchen! Der Abfall ist so wertvoll wie die Rose. Wenn wir die Begriffe befleckt oder makellos genau betrachten, kehren wir zur Erkenntnis zurück: es ist eins.

aus:  Ich pflanze ein Lächeln (Thich Nhat Hanh, 1926 – 2022)

 

Montags Impuls 18.09.2023

175 Jahre Bundesverfassung — 17.09.2023 Bettag

Im Namen Gottes des Allmächtigen!

Das Schweizervolk und die Kantone,

in der Verantwortung gegenüber der Schöpfung,

im Bestreben, den Bund zu erneuern, um Freiheit und Demokratie, Unabhängigkeit und Frieden in Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt zu stärken,

im Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung der Vielfalt in der Einheit zu leben,

im Bewusstsein der gemeinsamen Errungenschaften und der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen,

gewiss, dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht, und dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen,

geben sich folgende Verfassung:
…..
Diese Worte bilden die Präambel zu unserer Bundesverfassung. Sie `spazieren voraus` (lat. prä-ambulare) und fassen leitbildartig in grossen Zügen zusammen, was in 197 Artikeln ausdifferenziert ist.

                                                                                   

Montags Impuls 11.09.2023

Vertrauen und hören

Eine der 500 Schülerinnen der Nonne und Lehrerin Patacara (ca. 500 v.Chr. in Nordindien) war Uttama. Patacara zu begegnen, war der Wendepunkt in Uttamas Leben. Sie war dem Buddha nachgefolgt und hatte einige Jahre auch als Nonne gelebt. Aber erst durch Patacara fand sie wirklich Zugang zu den Lehren des Buddha, weil sie es wagte, Patacara zu vertrauen. In ihrem Befreiungslied erzählt sie davon:

Vier- oder fünfmal
bin ich aus meiner Zelle geflohen.
Ich konnte keinen Frieden finden,
meinen Geist nicht zähmen.

Ich ging zu einer Nonne,
der ich glaubte, vertrauen zu können.
Sie lehrte mich das Dharma (…)
Ich hörte, was sie sagte
und sass mit verschränkten Beinen
sieben Tage
voller Freude.

Uttama, so sagt die Legende, lebte viele Jahre als Nonne, in einer Zelle. Und dieser Zelle entfloh sie immer wieder mit unruhigem, ungezähmtem Geist …
Die Weisheit (des Buddha) braucht einen Lehrer oder eine Lehrerin, ein Gegenüber, dem ich vertrauen kann. Und da, wo Vertrauen gefunden wird, geschieht eine Passung zwischen LehrerIn und SchülerIn, verbunden mit einer gegenseitigen Verpflichtung, den Weg gemeinsam zu gehen — sodass der weitere Weg und die Übung unter Anleitung mit Freude gegangen werden kann.

Freude                                                                 

 

Montags Impuls 04.09.2023

Gassho – sich verneigen mit zusammengelegten Handflächen

Verneigung als Innehalten
Verneigung als Kontaktaufnahme mit mir selbst
Verneigung als Sammlung
Verneigung als Übung der Achtsamkeit
Verneigung als Ausdruck von Hingabe und Ausrichtung
Verneigung als Erinnerung, Gebet und Gruss

… um abzuschliessen und neu zu beginnen   

           

Montags Impuls 28.08.2023

Verzicht
Ist Macht. Ist Wahl. Ist Freiheit. Entscheidung. Verzicht auf `haben` oder `weghaben wollen`. Buddhistisch: `anhaften` oder `ablehnen`. Es ist alles da. Wir haben, was wir brauchen, in uns: Frieden, Glück, Liebe.
In der Übung, der täglichen Praxis, die Disziplin erfordert — jeden Tag mindestens 5 Minuten in Stille auf unserem Kissen — gelangen wir zu diesen Kostbarkeiten in uns: Buddha, Dharma und Sangha. Wir geben dem Geist der Leere Gestalt, erkennen, durch wen oder durch welche Situationen wir Lehre empfangen und rufen so die Sangha, die Gemeinschaft derjenigen, die den WEG gehen, immer wieder ins Leben.
Und wir gelangen zur Haltung des Dienens, weil es uns entspricht.

Verzicht als tiefes Bedürfnis                                        

 

Montags Impuls 21.08.2023

Die alte Frau brennt die Einsiedlerhütte ab
(China, Entstehungszeit unbekannt)

Eine alte Frau in China unterstützte viele Jahre lang einen Mönch. Sie baute ihm eine Einsiedlerhütte und versorgte ihn mit Nahrung und Kleidung.
Nach 20 Jahren fragte sie sich, was er wohl erreicht habe und beschloss, ihn auf die Probe zu stellen. Sie holte ein schönes Mädchen aus dem Dorf und schickte sie zu dem Einsiedler mit der Anweisung, ihn zu umarmen und dann zu fragen, wie er sich fühle.
Das Mädchen streichelte den Mönch und fragte: «Wie fühlst du dich jetzt?»
«Ein verwitterter Baum auf einem kalten Felsen hat im Winter keine Wärme», entgegnete der Mönch.
Das Mädchen kehrte zu der alten Frau zurück und erzählte ihr das Geschehene.
«Was?», sagte die alte Frau. «Ich habe in all diesen Jahren einen Hochstapler unterstützt?» Sie griff sich einen Stock, eilte zu der Einsiedlerhütte und schlug den Mönch, wobei sie rief: «Mach, dass du fortkommst!» Dann brannte sie die Einsiedlerhütte bis zum Boden ab.

Eine typische Zen-Geschichte, ein Koan. Was hat die alte (weise) Frau mit ihrem Tun erreicht? Wie könnte die Geschichte weitergehen für den Mönch? Für das schöne Mädchen? Für die alte Frau selbst?

Ist meine Hütte auch schon mal abgebrannt?                    

 

Montags Impuls 14.08.2023

Mariä Himmelfahrt am 15. August

Maria wurde, gemäss Dogma — einem Glaubenssatz, der so von Vertretern der katholischen Kirche formuliert wurde — mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen. (Das -ä ist die lateinische Endung des Genitivs von Maria).

Was kann das für uns heissen, ausser, dass manche Kantone, wie auch Solothurn, einen arbeitsfreien Tag haben und da und dort in den Dörfern ein Markttreiben herrscht?

Maria steht für die weiblichen Aspekte Gottes. So wie an `uffahrt` am 40. Tag nach Ostern (also ohne festgelegtes Datum), Christi Himmelfahrt gedacht wird, ist der     15. August der Tag, an dem Maria aufgefahren ist.

Es sind Bilder, Symbole, die da ihre Kraft entfalten. Weibliche und männliche Aspekte und alles dazwischen unterliegen einer Wandlung. Und wir kommen nicht irgendwann einmal später, wenn wir gut genug waren, nach unserem Tod in den Himmel oder in die Hölle. Nein, jetzt, genau heute geschieht Verwandlung, in jedem Moment — das Bild dafür: in den Himmel auffahren — mit unserem Leib, so wie er sich geformt hat über die Jahre und mit unserem unsterblichen Anteil, Seele wird er hier genannt. Und das ist ein Weg, Maria ist uns da vorausgegangen.

Wie erfahre ich Verwandlung?                                              

                                

                    

                               

Ausrichtung der Kräfte

Eins mit Dir
Urgrund allen Lebens,
diene ich der Menschheit,
der Erde und dem Kosmos.

Mit liebendem Herzen
setze ich mich ein
für Gerechtigkeit und Frieden in mir,
in meinen Beziehungen und in der Welt
und achte alle Dimensionen der Schöpfung.

Zum Wohle leidender Wesen
in Armut, Gewalt und Schmerz
verkörpere ich Mitgefühl
und traue der göttlichen Weisheit in mir.

Achtsam lebe ich
Ergänzung und partnerschaftliches Miteinander
von Menschen aller Geschlechter,
Religionen und Kulturen,
Technik und Natur.

Ich bin bereit,
in Verantwortung für kommende Generationen
den Weg des Erwachens zu gehen,
Glück und Mühsal des Wachsens anzunehmen
und wahrhaft liebend zu werden.

Göttlicher Urgrund,
lass mich erfahren,
dass Dein ICH BIN
mein ICH BIN ist.

 

Ethikcodex der via integralis

1.   Nicht tötend …

lebe ich im Einklang mit allem Leben. Die Haltung des Nicht-Tötens und Nicht-Schadens nehme ich in differenzierter Weise in allen meinen Handlungen ernst.

2.   Nicht stehlend …

verpflichte ich mich, nichts zu nehmen, was mir nicht gehört, den Besitz anderer zu respektieren und im Umgang mit Geld aufrichtig zu sein.

3.   Sexuelles Fehlverhalten meidend …

verpflichte ich mich, niemandem durch Sexualität zu schaden. Alle Lehrenden verpflichten sich, ihre Autorität und Position nicht für sexuelle Beziehungen auszunützen. Sexuelle Beziehungen sind mit einem Lehrer/in-Schüler/in-Verhältnis nicht vereinbar.

4.   Nicht lügend …

bewahre ich eine transparente und ehrliche Haltung gegenüber Schüler/innen, Kursteilnehmenden und Lehrenden. Grenzen in der Begleitung anderer Menschen gestehe ich mir ein und spreche Belastungen in Beziehungen an. Wir fördern und fordern uns gegenseitig in mitfühlender und respektvoller Weise.

5.   Einen klaren Geist fördernd und Drogen meidend …

pflege ich einen verantwortungsvollen Umgang mit jeglicher Art von Dingen und Aktivitäten. Dazu gehören nebst dem Umgang mit Zeit, Medien, Konsum, Besitz und Beziehungen auch der Umgang mit Drogen, Alkohol und Tabak.

6.   Nicht über Fehler anderer lästernd …

verpflichte ich mich, die Würde der Einzelnen zu respektieren, indem ich ihrer Einzigartigkeit Rechnung trage. Was ich als Fehler betrachte, ist meine Sichtweise und damit relativ. Wenn Entscheidungen gefällt werden müssen, handle ich aus der inneren Mitte und trage die Verantwortung für meine Handlungen.

7.   Auf Eigenlob verzichtend und andere nicht verunglimpfend …

stehe ich offen für meine Überzeugungen ein, ohne die Einschätzung anderer geringzuachten. Ich respektiere die Ebenbürtigkeit aller Menschen und anerkenne, dass jede und jeder nach seinen besten Fähigkeiten handelt. Ich fördere das Potential aller Menschen.

8.   Überfluss nicht eigenmächtig zurückhaltend …

bin ich mir bewusst, dass der Kreislauf des Lebens auf Geben und Nehmen basiert. Ich habe die Sorge für den natürlichen Reichtum der Schöpfung und für die Verteilung der Güter im Blick. Ich lebe nach Massgabe der Möglichkeiten grosszügig aus meiner Mitte und tue alles, was der Gerechtigkeit, der Solidarität in der Gesellschaft, dem Frieden und der Bewahrung der Schöpfung dient.

9.   Gefühle von Wut regulierend …

bin ich mir bewusst, dass Wut ein starker Ausdruck von Energie und Wissen ist und ein Potential für Veränderung und Erneuerung darstellen kann. Ich bemühe mich um einen konstruktiven Umgang mit dieser Kraft und vermeide es, andere zu verletzen oder ihnen zu schaden. Ich praktiziere Mitgefühl allem Leben gegenüber und orientiere mich an der goldenen Regel, niemandem zuzufügen, was ich nicht selber erleben möchte.

10.  Nicht über die Schätze unserer Traditionen lästernd …

würdige und ehre ich die Schlüsselfiguren, die Traditionen und die Gemeinschaften, in welchen ich verankert bin oder zu denen ich durch die Begleitung von Kontemplierenden in Beziehung stehe. Ich biete anderen Traditionen meinen Respekt und Schutz vor Verunglimpfung an.

Ich verstehe die zehnte Richtlinie als eine Zusammenfassung der neun vorhergehenden Richtlinien und als eindringlichen Wegweiser für mein Handeln.

11.  Sorgfältig mit dem mir Anvertrauten umgehend …

halte ich die Schweigepflicht ein. Alles, was ausgesprochen wurde, behandle ich vertraulich.

 

 

10 Tipps zur Sitzmeditation

1.   Nehmen Sie sich täglich 15-25 Minuten Zeit dafür.

2.   Wählen Sie dazu einen ruhigen Ort im Haus, in der Wohnung, den Sie so beibehalten. Ein Kissen, ein Bänkli oder ein Stuhl, eine Matte, eine leere Wand.

3.   Regelmässigkeit ist wichtig. Die Wiederholung macht uns das Ueben zur Gewohnheit. Körper und Geist lernen durch die eingenommene Haltung: ah, jetzt ist die Zeit der Ruhe gekommen.

4.   Der Morgen vor dem Frühstück erweist sich allgemein als günstig. Handy beiseite legen. Kein Telefon abnehmen in dieser Zeit. Wir üben die Gegenwärtigkeit,

5.   Geduld: die Uebung wird unseren Alltag verändern. Transformation geschieht.

6.   Im Körper zeigen sich anfangs Verspannungen, Schmerzen, oder wir beginnen, diese überhaupt wahrzunehmen. Wir beginnen, ein „Gspüri“ für unseren Körper zu entwickeln.

7.    Es können verschiedene Gefühle auftreten, uns auch überschwemmen, oder wir machen spezielle Erfahrungen. Ein/e erfahrene/r Lehrer/in kann da anleiten und begleiten.

8.    Wir können allein üben, sitzen – in der Gemeinschaft wird die Meditationskraft stärker. Das Sitzen wird zu einem Gemeinschaftserlebnis und trägt uns.

9.    Es kann zu Einbrüchen bezüglich Motivation kommen. Manchmal haben wir es mit einer momentan unangenehmen Wirklichkeit zu tun. Da können der Wille dran zu bleiben, gute Lektüre

und die Gruppe helfen.

10.  Und last but not least: der Transfer in den Alltag. Nicht auf dem Kissen stecken bleiben. Wie setze ich

meine Erfahrung, meine Erkenntnisse in die Praxis um?

Es gibt zudem  jeden Tag immer wieder Gelegenheiten – beim Warten, bei der Kaffeepause oder beim kurzen Innehalten, bevor wir einen Anruf entgegennehmen – uns zu zentrieren und zu uns selbst zurückzukehren.

(01.11.2021  in Bearbeitung)