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Montags Impuls 19.05.2025

Hingabe

Soll ein Gefäss Wein aufnehmen,
so muss man notgedrungen das Wasser ausgiessen;
das Gefäss muss leer und frei werden.
Giess aus, damit du erfüllt werdest!
Alles, was aufnehmen und empfänglich sein soll,
das soll und muss leer sein.

Meister Eckehart (1260 – 1328)

Wir sind dieses Gefäss, und das `Sollen` und das `Notgedrungen` sind die Anforderungen, die das Leben an uns stellt.
Das Gefäss ist unsere Haltung. Körperliche, geistige, selische … und diese ist nichts Statisches, wir können und müssen sie üben und immer wieder neu einnehmen.

Ist gerade Ausgiessen angesagt oder Gefülltwerden?

Wach, im Moment erkennen, was `noche isch` (naheliegt) — das genügt!

Empfangen                                                                       

 

Montags Impuls 12.05.2025

Muttertag

Geburtstag, Namenstag, Todestage, Tag der gefällten Bäume, Tag des Tianem Massakers, Zürcher Blutnacht, Tag des 1. Mondflugs, Tag des Beginns des Baus der Berliner Mauer, Nationalfeiertage, Tag der Neutralitätserklärung der Schweiz, Tag des Mauerfalls, Tag des Brandes an der Wengistrasse 40 in Solothurn, Tag der Unabhängigkeit Myanmars von England, Mozarts Geburtstag ….

Jeder Tag im Jahr ist mit einer Erinnerung belegt. Wir können dabei auch unseren eigenen Kalender führen. Auf dass wir immer wieder neu erinnern, das heisst aktualisieren, dem erworbenen Wissen und den in der Zwischenzeit gemachten Erfahrungen zufügen, und dann wieder dem Vergessen überlassen. So werden auch unsere Träume als Sprache des Nicht-mehr-Gewussten immer wieder neu gespiesen, führen wir unser Erleben fort. Nichts ist endgültig abgeschlossen. Mit zunehmender Lebenserfahrung kommen neue Aspekte dazu. Wir können uns immer wieder bewusstwerden, dass wir geschichtliche und bezogene Wesen sind.

Danke allen, die uns zu Müttern gemacht haben.           

 

Montags Impuls 05.05.2025

Glück?

Ein alter Mann mit Namen Chunglang, das heisst „Meister Felsen“, besass ein kleines Gut in den Bergen. Eines Tages begab es sich, dass er eins von seinen Pferden verlor. Da kamen die Nachbarn, um ihm zu diesem Unglück ihr Beileid zu bezeigen.
Der Alte aber fragte: „Woher wollt ihr wissen, dass das ein Unglück ist?“ Und siehe da: einige Tage darauf kam das Pferd wieder und brachte ein ganzes Rudel Wildpferde mit. Wiederum erschienen die Nachbarn und wollten ihm zu diesem Glücksfall ihre Glückwünsche bringen.
Der Alte vom Berge aber versetzte: „Woher wollt ihr wissen, dass es ein Glücksfall ist?“
Seit nun so viele Pferde zur Verfügung standen, begann der Sohn des Alten eine Neigung zum Reiten zu fassen, und eines Tages brach er das Bein. Da kamen sie wieder, die Nachbarn, um ihr Beileid zum Ausdruck zu bringen. Und abermals sprach der Alte zu ihnen: „Woher wollt ihr wissen, dass dies ein Unglücksfall ist?“
Im Jahr darauf erschien die Kommission der „Langen Latten“ in den Bergen, um kräftige Männer für den Stiefeldienst des Kaisers und als Sänftenträger zu holen. Den Sohn des Alten, der noch immer seinen Beinschaden hatte, nahmen sie nicht.
Chunglang musste lächeln.   

(eine chinesische Parabel, in dieser Version bei Hermann Hesse zu finden)

Pech?

 

Montags Impuls 28.04.2025

Franziskus

Katholisch:
Mögest Du ruhen in Frieden, und das ewige Licht leuchte Dir.

Hier die Sehnsucht, endlich dauerhaft Ruhe und Frieden und Klarheit zu erlangen. Unser Leben auf Erden (in älteren Gesängen) als Jammertal beschrieben. Eine lineare Sicht, von hier nach dort, mit einem statischen Aspekt: endlich wird es so weit sein!

Buddhistisch:
Gesegnet seist Du im Bardo des Werdens.

Da der Focus auf Unbeständigkeit und Wandel. Ungerichtet, ziellos. Wir sind Werde-Wesen. (Bardo des Werdens als eine Phase des Wandels, bis eine neue Form gefunden wird). Unser Körper zerfällt, wird Speise der Würmer im Boden oder vom Feuer zu Asche gemacht und, falls der Erde übergeben, wieder zu Dünger für die Pflanzen. Wir können aus diesem Kreislauf gar nicht ausbrechen. `Der Tod` also als eines der, allerdings als einschneidend empfundenen, Ereignisse des Lebens an sich, genau wie `die Geburt` auch.

Wir essen Tiere, oder mindestens Salat, Kartoffeln und Soya — was den `Tod` dieser Geschöpfe bedeutet. Der Tod des einen, das Leben des anderen. Wir essen und verwandeln dabei, in unseren Leib, und was wir selbst nicht brauchen können, geht zurück zur Natur.

Lassen.                                                                               

 

Montags Impuls 21.04.2025

Das leere Grab

Die Leere, die die ganze Erfüllung in sich trägt.

Osterfreude.
Sucht sie nicht bei den Toten, die Freude.

Halleluja, auferstanden ist die Freude dieser Zeit.

 

Montags Impuls 14.04.2025

Palmsonntag

Der Beginn der Karwoche — oder Osterwoche. Je nach Standpunkt, den wir einnehmen: mal aufs Leiden und Sterben und den Tod fokussiert, mal Auferstehung und Erwachen im Blick.

„Hosianna“, riefen die Menschen, als sie Jesus auf seinem Esel in Jerusalem einreiten sahen. „Hilf uns, rette uns!“. Sie meinten damit konkret: befreie uns aus der Knechtschaft und Unterdrückung durch die römischen Besatzer (römisches Imperium, Dauer knapp 2000 J. im ganzen Mittelmeerraum). Das Palmenwedeln wird heute auch von Eritreern zu Hochzeiten praktiziert zusammen mit für unsere Ohren ganz eigenen Rufen, der Freude, des Begrüssens des einziehenden Hochzeitspaares …

Hatten sich die Juden damals getäuscht? Sie meinten, ihrem neuen König zuzujubeln. Zu dieser Zeit gab es noch Könige in den verschiedenen Regionen, die sich untereinander bekämpften. War das alles Illusion?

Für den Moment stimmte es so. Jesus war zwar traurig, denn er sah tiefer. Aber tiefer gesehen hatten die Menschen recht. Vor Pilatus wird er kurze Zeit später sagen: Ja, ich bin ein König! Ans Kreuz liess man schreiben: INRI. Jesus von Nazareth, König der Juden.

Jubeln, der Hoffnung Ausdruck verleihen, enttäuscht werden, trauern … und immer wieder zum neuen Königtum, ganz anders als erwartet, aufstehen.

Wie unser Atem: ein — aus, empfangen — Hingabe.  

 

Montags Impuls 07.04.2025

Zweige, Blätter, Blumen und Früchte

Wir nehmen eine bestimmte Position ein bei der Meditation, üben uns darin, finden uns in einem bestimmten Raum und zu einer bestimmten Zeit ein. Nicht anders beim sportlichen Training oder beim Erlernen eines Musikinstrumentes.
In dieser körperlichen Position kann unser Geist zur Ruhe kommen, wie der Körper selbst auch. Die äussere Haltung signalisiert uns: Ruhe, keine Angst. Wir sind nicht abgelenkt. Die beste Voraussetzung, um die innere Haltung, welche wir mit unserem Körper ausdrücken, zu kultivieren: Wache Präsenz. Nichts tun, in einem wohl definierten Rahmen.
Kein Abschweifen in Gedanken, den Atem wahrzunehmen kann uns bei der Sammlung helfen. Bis hin, dass auch das Atmen nicht mehr da ist. Nicht mehr bewusst wahrgenommen wird. Und das in völliger Präsenz.

Mit dieser äusseren Haltung üben wir eine innere Haltung ein, die uns mit der Zeit zu eigen wird, auch im „strübsten“ Alltag, oder zu der wir rasch wieder zurückfinden können.

Zweige, Blätter, Blumen und Früchte (Shôbôgenzô, Kapitel Ango) werden sich so in unserem Alltag zeigen.

Ein Bild aus der Natur, dass verständlich machen will: Beim Sitzen in Stille wächst und gedeiht es, in uns selbst und so auch in unserer näheren und weiteren Umgebung …

Selbstvergessen.

 

 

 

 

Wo Zen und christliche Mystik sich begegnen. Der leere Kreis: Zen-Symbol für Weite und Offenheit
Das Kreuz: Symbol unserer christlichen Wurzeln


Ausrichtung der Kräfte

Eins mit Dir
Urgrund allen Lebens,
diene ich der Menschheit,
der Erde und dem Kosmos.

Mit liebendem Herzen
setze ich mich ein
für Gerechtigkeit und Frieden in mir,
in meinen Beziehungen und in der Welt
und achte alle Dimensionen der Schöpfung.

Zum Wohle leidender Wesen
in Armut, Gewalt und Schmerz
verkörpere ich Mitgefühl
und traue der göttlichen Weisheit in mir.

Achtsam lebe ich
Ergänzung und partnerschaftliches Miteinander
von Menschen aller Geschlechter,
Religionen und Kulturen,
Technik und Natur.

Ich bin bereit,
in Verantwortung für kommende Generationen
den Weg des Erwachens zu gehen,
Glück und Mühsal des Wachsens anzunehmen
und wahrhaft liebend zu werden.

Göttlicher Urgrund,
lass mich erfahren,
dass Dein ICH BIN
mein ICH BIN ist.

 

Ethikcodex der via integralis

1.   Nicht tötend …

lebe ich im Einklang mit allem Leben. Die Haltung des Nicht-Tötens und Nicht-Schadens nehme ich in differenzierter Weise in allen meinen Handlungen ernst.

2.   Nicht stehlend …

verpflichte ich mich, nichts zu nehmen, was mir nicht gehört, den Besitz anderer zu respektieren und im Umgang mit Geld aufrichtig zu sein.

3.   Sexuelles Fehlverhalten meidend …

verpflichte ich mich, niemandem durch Sexualität zu schaden. Alle Lehrenden verpflichten sich, ihre Autorität und Position nicht für sexuelle Beziehungen auszunützen. Sexuelle Beziehungen sind mit einem Lehrer/in-Schüler/in-Verhältnis nicht vereinbar.

4.   Nicht lügend …

bewahre ich eine transparente und ehrliche Haltung gegenüber Schüler/innen, Kursteilnehmenden und Lehrenden. Grenzen in der Begleitung anderer Menschen gestehe ich mir ein und spreche Belastungen in Beziehungen an. Wir fördern und fordern uns gegenseitig in mitfühlender und respektvoller Weise.

5.   Einen klaren Geist fördernd und Drogen meidend …

pflege ich einen verantwortungsvollen Umgang mit jeglicher Art von Dingen und Aktivitäten. Dazu gehören nebst dem Umgang mit Zeit, Medien, Konsum, Besitz und Beziehungen auch der Umgang mit Drogen, Alkohol und Tabak.

6.   Nicht über Fehler anderer lästernd …

verpflichte ich mich, die Würde der Einzelnen zu respektieren, indem ich ihrer Einzigartigkeit Rechnung trage. Was ich als Fehler betrachte, ist meine Sichtweise und damit relativ. Wenn Entscheidungen gefällt werden müssen, handle ich aus der inneren Mitte und trage die Verantwortung für meine Handlungen.

7.   Auf Eigenlob verzichtend und andere nicht verunglimpfend …

stehe ich offen für meine Überzeugungen ein, ohne die Einschätzung anderer geringzuachten. Ich respektiere die Ebenbürtigkeit aller Menschen und anerkenne, dass jede und jeder nach seinen besten Fähigkeiten handelt. Ich fördere das Potential aller Menschen.

8.   Überfluss nicht eigenmächtig zurückhaltend …

bin ich mir bewusst, dass der Kreislauf des Lebens auf Geben und Nehmen basiert. Ich habe die Sorge für den natürlichen Reichtum der Schöpfung und für die Verteilung der Güter im Blick. Ich lebe nach Massgabe der Möglichkeiten grosszügig aus meiner Mitte und tue alles, was der Gerechtigkeit, der Solidarität in der Gesellschaft, dem Frieden und der Bewahrung der Schöpfung dient.

9.   Gefühle von Wut regulierend …

bin ich mir bewusst, dass Wut ein starker Ausdruck von Energie und Wissen ist und ein Potential für Veränderung und Erneuerung darstellen kann. Ich bemühe mich um einen konstruktiven Umgang mit dieser Kraft und vermeide es, andere zu verletzen oder ihnen zu schaden. Ich praktiziere Mitgefühl allem Leben gegenüber und orientiere mich an der goldenen Regel, niemandem zuzufügen, was ich nicht selber erleben möchte.

10.  Nicht über die Schätze unserer Traditionen lästernd …

würdige und ehre ich die Schlüsselfiguren, die Traditionen und die Gemeinschaften, in welchen ich verankert bin oder zu denen ich durch die Begleitung von Kontemplierenden in Beziehung stehe. Ich biete anderen Traditionen meinen Respekt und Schutz vor Verunglimpfung an.

Ich verstehe die zehnte Richtlinie als eine Zusammenfassung der neun vorhergehenden Richtlinien und als eindringlichen Wegweiser für mein Handeln.

11.  Sorgfältig mit dem mir Anvertrauten umgehend …

halte ich die Schweigepflicht ein. Alles, was ausgesprochen wurde, behandle ich vertraulich.

 

 

10 Tipps zur Sitzmeditation

1.   Nehmen Sie sich täglich 15-25 Minuten Zeit dafür.

2.   Wählen Sie dazu einen ruhigen Ort im Haus, in der Wohnung, den Sie so beibehalten. Ein Kissen, ein Bänkli oder ein Stuhl, eine Matte, eine leere Wand.

3.   Regelmässigkeit ist wichtig. Die Wiederholung macht uns das Ueben zur Gewohnheit. Körper und Geist lernen durch die eingenommene Haltung: ah, jetzt ist die Zeit der Ruhe gekommen.

4.   Der Morgen vor dem Frühstück erweist sich allgemein als günstig. Handy beiseite legen. Kein Telefon abnehmen in dieser Zeit. Wir üben die Gegenwärtigkeit,

5.   Geduld: die Uebung wird unseren Alltag verändern. Transformation geschieht.

6.   Im Körper zeigen sich anfangs Verspannungen, Schmerzen, oder wir beginnen, diese überhaupt wahrzunehmen. Wir beginnen, ein „Gspüri“ für unseren Körper zu entwickeln.

7.    Es können verschiedene Gefühle auftreten, uns auch überschwemmen, oder wir machen spezielle Erfahrungen. Ein/e erfahrene/r Lehrer/in kann da anleiten und begleiten.

8.    Wir können allein üben, sitzen – in der Gemeinschaft wird die Meditationskraft stärker. Das Sitzen wird zu einem Gemeinschaftserlebnis und trägt uns.

9.    Es kann zu Einbrüchen bezüglich Motivation kommen. Manchmal haben wir es mit einer momentan unangenehmen Wirklichkeit zu tun. Da können der Wille dran zu bleiben, gute Lektüre

und die Gruppe helfen.

10.  Und last but not least: der Transfer in den Alltag. Nicht auf dem Kissen stecken bleiben. Wie setze ich

meine Erfahrung, meine Erkenntnisse in die Praxis um?

Es gibt zudem  jeden Tag immer wieder Gelegenheiten – beim Warten, bei der Kaffeepause oder beim kurzen Innehalten, bevor wir einen Anruf entgegennehmen – uns zu zentrieren und zu uns selbst zurückzukehren.

(01.11.2021  in Bearbeitung)